Am 11. Februar ist der alljährliche europäische Tag des Notrufs. An diesem Tag soll die Bevölkerung über die hohe Bedeutung der verschiedenen Notrufnummern aufgeklärt werden.

Es erscheint paradox: Trotz stetig steigender Notrufzahlen ist die genaue Abgrenzung zwischen den verschiedenen Notrufnummern in der Bevölkerung immer noch nicht hinreichend bekannt. Das Wichtigste also zuerst:

– Die Notrufnummer 110 ist bei allen polizeilichen Notfällen,
– die 112 bei allen sonstigen Notfällen (insbesondere Rettungsdienst und Feuerwehr) zu wählen.

Ergänzend ist folgende Abgrenzung bei medizinischen Notfällen zu beachten:

Die 112 ist bei lebensbedrohlichen Symptomen zu wählen – z. B. Bewusstlosigkeit, akuten Blutungen, starken Herzbeschwerden, schweren Störungen des Atemsystems, schweren Verletzungen und Vergiftungen. Der Rettungsdienst ist rund um die Uhr bei medizinischen Notfällen im Einsatz und innerhalb kürzester Zeit beim Patienten.

Die 116 117 (ärztlicher Bereitschaftsdienst) ist die richtige Wahl bei nicht lebensbedrohlichen Beschwerden – etwa hohem Fieber, starken Bauchschmerzen oder Erbrechen. Menschen sollten den ärztlichen Bereitschaftsdienst kontaktieren, wenn sie nachts oder am Wochenende gesundheitliche Beschwerden haben, wegen derer sie normalerweise eine Arztpraxis aufsuchen würden – die Behandlung aber nicht bis zum nächsten (Werk-)Tag warten kann.

Insbesondere die Abgrenzung zwischen dem ärztlichen Bereitschaftsdienst (116 117) und dem Notruf 112 funktioniert in der Praxis nicht immer. Der Geschäftsführer der Integrierten Leitstelle Traunstein, Josef Gschwendner, stellt hierzu fest:

„Das Notfallsystem in den Bereichen Rettungsdienst und Feuerwehr ist im Hinblick auf Qualität, Verfügbarkeit und Zielerreichungsgrad in unseren Landkreisen vorbildlich. Hierauf können wir stolz sein. Ebenso hoch ist jedoch leider auch die Anspruchshaltung der Bürgerinnen und Bürger wenn es darum geht, schnelle Hilfe für einen „vermeintlichen Notfall“ zu bekommen. Hier wird oftmals außer Acht gelassen, dass das rettungsdienstliche System dem akut lebensbedrohten Patienten vorbehalten ist.“

Die Gesamtzahl der eingegangen Notrufe hat sich im Jahr 2018 gegenüber dem Vorjahr nochmals um knapp 5% auf ca. 260.000 erhöht.

Gerade derjenige, der noch nie im Leben einen Notruf getätigt hat, ist in der konkreten Notsituation oftmals unsicher, ob der Notruf angewählt werden darf und welche Nummer die richtige ist. Pro Tag werden in der Integrierten Leitstelle Traunstein (ILS) ca. 720 Notrufe entgegengenommen. Tatsächlich hat ein nicht unerheblicher Teil nichts mit einem echten Notfall zu tun. Damit die technischen und personellen Ressourcen der ILS für die wirklich bedürftigen Hilfesuchenden frei gehalten werden, werben die Verantwortlichen der Leitstelle dafür, nur in wirklichen Notsituationen die Notrufnummer zu wählen.

Verantwortliche der ILS versuchen, dem bayernweiten Trend gegenzusteuern.

Die Gründe für die stetig zunehmende Einsatzverdichtung im Bereich Rettungsdienst sind vielschichtig. Eine Vielzahl von verschiedenen demografischen und strukturellen Effekten spielt hierbei die entscheidende Rolle. Leider stellen sich viele als vermeintliche „Notfälle“ über die Notrufnummer 112 gemeldete Einsätze im Nachhinein als reine Beratungsbesuche oder Taxi-Transporte ins ambulante Versorgungswesen heraus. Über den gebühren- und vorwahlfreien, europaweiten Notruf 112 erreichbar, stellt die ILS einen wichtigen Teil der öffentlichen Grundversorgung dar. Im Bereich Rettungsdienst ist die Differenzierung des Patientenzustands auf Grundlage des Meldebildes eine der elementaren Aufgaben bei der medizinischen Einsatzannahme in der Leitstelle.

Mit internen Fortbildungen und einer Erweiterung der fachlichen Standards wurde von den Verantwortlichen der ILS daran gearbeitet, dem bayernweiten Trend ständig steigender Rettungsdiensteinsätze entgegen zu steuern. Ziel ist hierbei, durch eine noch gezieltere und nuancierte Notrufabfrage die wirklichen Notfälle aus den Anrufen herauszufiltern. Ein erster Erfolg ist anhand der Einsatzzahlen 2018 sichtbar: Die Gesamtzahl der rettungsdienstlichen Alarmierungen im Jahr 2018 beläuft sich auf 80.302 und liegt damit geringfügig (-0,3%) unter dem Vorjahreswert.

Dienst in der Leitstelle zu verrichten heißt der erste Ansprechpartner für viele tausend Menschen zu sein, die sich in einer Notlage befinden. Josef Gschwendner betont die Einzigartigkeit dieser Arbeit und die hohe Verantwortung, die die Disponentinnen und Disponenten übernehmen, wenn Sie sich am Notruf melden. „Wer bei uns arbeitet braucht eine Berufsfeuerwehrausbildung, eine Ausbildung im Rettungsdienst und außerdem noch eine fachspezifische taktische und technische Ausbildung für die Leitstelle an sich. Das sind Voraussetzungen, die den Kreis potenzieller Bewerber stark einschränken. Hinzu kommt, dass auch im Rettungsdienst ein Fachkräftemangel herrscht. Wer also eine Lücke in der Leitstelle schließt, macht eine andere noch ein Stück weit größer.“ Seit mittlerweile 9 Jahren steht die Integrierte Leitstelle (ILS) als zentrale Notrufleitstelle den Bürgerinnen und Bürgern aus den Landkreisen Altötting, Berchtesgadener Land, Mühldorf a. Inn und Traunstein zur Verfügung. Die Mitarbeiter der ILS sind somit zuständig für ein Gebiet, dass mit ca. 3.800 km² das Eineinhalbfache der Fläche des Bundeslandes Saarland umfasst. Betreiber der ILS ist der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Traunstein unter dem Vorsitz von Herrn Landrat Siegfried Walch.

Katastrophenfall in den Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein

Die Katastrophenlage in den beiden südlichen Landkreisen des ILS-Bereiches im Zeitraum vom 10. bis 19.01.2019 machte sich auch im Dienstbetrieb der ILS Traunstein bemerkbar. Die Leitstelle wurde im Katastrophenzeitraum personell auf bis zu 10 Mitarbeiter (regulär 6 im Tagdienst) aufgestockt, um dem hohen Notruf- und Einsatzzahlen gerecht zu werden. Viele Notrufe wurden hierbei von besorgten Hauseigentümern abgesetzt, welche sich um die hohe Schneelast auf deren Gebäuden sorgten. Die Zusammenarbeit mit den Katastropheneinsatzleitungen der Landkreise BGL und TS gestaltete sich hierbei hervorragend. Die eingerichteten kommunalen Bürgertelefone waren auch für die ILS eine spürbare Entlastung.