Auf den Tag genau vor 10 Jahren, am 17.06.2010, wurde die Notrufnummer 112 auf die neue Integrierte Leitstelle (ILS) in Traunstein aufgeschaltet. Die Einführung des sog. „Euronotrufs 112“ wurde bereits im Jahre 1991 vom EU-Ministerrat auf Vorschlag der Europäischen Kommission beschlossen. Auf Grundlage der Gesetzgebungszuständigkeit der Bundesländer wurde in Bayern 2002 das „Gesetz zur Einführung Integrierter Leitstellen“ erlassen. Dies bildete die Grundlage für den Aufbau von insgesamt 26 Integrierten Leitstellen in Bayern, die den Euronotruf 112 empfangen und je nach Notfall die Feuerwehren und rettungsdienstlichen Einheiten alarmieren. Vor der Umstellung auf die Integrierten Leitstellen wurde die Notrufnummer 112 noch von den Polizeidienststellen angenommen. In der ILS Traunstein werden seit 17.06.2010 alle 112-Notrufe aus den Landkreisen Altötting, Berchtesgadener Land, Mühldorf a. Inn und Traunstein entgegengenommen.
Die Inbetriebnahme der ILS erfolgte vor 10 Jahre gestaffelt. Bereits am 15.06.2010 wurde die Rufnummer 19222 auf die neue Leitstelle umgeroutet. Hier handelte es sich um die in der früheren Rettungsleitstelle bereits verwendete Nummer des Rettungsdienstes, jedoch um keine Notrufnummer. Die größte Einschränkung bei der 19222 war freilich, dass diese Nummer nicht gebührenfrei und vom Handynetz nicht vorwahlfrei angewählt werden konnte. Die Ausstattung der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr (insbesondere Feuerwehr und Rettungsdienst) mit einer eigenen Notrufnummer, zumal mit dem Euronotruf 112, stellte damals einen Quantensprung in der Welt der BOS (=Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben) dar. Aber auch für die Bürgerinnen und Bürger wurde die Situation erleichtert, da man sich seither nur noch zwei Notrufnummern merken musste: die 110 als polizeilichen Notruf und die 112 für die Bereiche Feuerwehr und Rettungsdienst.
Die seit Anbeginn des ILS-Projektes (die ersten Grundsatzentscheidungen des Zweckverbandes für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Traunstein wurden bereits 2006 getroffen) verantwortlichen Leitungspersonen schauen rückblickend zufrieden auf eine bewegte aber auch gleichermaßen erfüllende Zeit zurück. „Die ILS Traunstein ist für uns eine Lebensaufgabe. Wir stehen mit vollem Herzblut hinter diesem Projekt und möchten die Leitstelle stetig verbessern“, stellen Geschäftsführer Josef Gschwendner und der technische Leiter Anton Groschack gleichlautend fest. Insbesondere muss die Leitstelle auf die ständig fortschreitenden technischen Möglichkeiten angepasst und optimiert werden. Als Beispiel kann hierzu die Umrüstung auf den BOS-Digitalfunk 2015 und die Einführung des Systems „e-Call“ (automatischer Fahrzeugnotruf) 2017 genannt werden. Weitere technische Optimierungen wie z. B. die digitale BOS-Alarmierung, die Umstellung auf IP-Notruf usw. stehen in den nächsten Monaten und Jahren unmittelbar bevor.
In den nunmehr 10 Jahren wurden von der ILS Traunstein über 2 Millionen Notrufe angenommen, welche zu ca. 720.000 rettungsdienstlichen Einsätzen und zu knapp 60.000 Feuerwehreinsätzen führten. Auf Grundlage der jeweils geschilderten Notsituation erarbeitet der ILS-Disponent/in das sog. „Meldebild“, welches dann ggf. zu einem Feuerwehr- und/oder Rettungsdiensteinsatz führt. Hierfür muss jeder Mitarbeiter/Mitarbeiterin der ILS über zwei Berufsausbildungen (Feuerwehr + Rettungsdienst) verfügen. Für die notwendige Anpassungsausbildung wurde in den vergangenen 10 Jahren ein Ausbildungsaufwand von insgesamt knapp 200 Monaten in Vollzeit aufgewendet. Als Beispiel: Ein neuer ILS-Mitarbeiter/in mit der Qualifikation Rettungssanitäter (ohne Feuerwehrausbildung) muss insgesamt 9 Lehrgangsmonate in Vollzeit mit mehreren staatlichen Prüfungen durchlaufen, bevor er/sie die Mindestqualifikation als ILS-Disponent/in erfüllt.
Für Großschadenslagen verfügt die Leitstelle über zusätzliche Plätze zur reinen Notrufannahme. In der Volllast können somit 16 Mitarbeiter/innen zur Notrufannahme eingesetzt werden. Tatsächlich kam das Sonderlagenkonzept in den vergangenen 10 bewegten Jahren bereits mehrmals zur Anwendung und wurde ständig optimiert. Gschwendner und Groschack erinnern in diesem Zusammenhang an das Pfingsthochwasser 2013, das Sturmtief Niklas 2015, die Sturmlage im August 2017 (Stichwort „Chiemsee Summer“), die Schneekatastrophe 2019 und nicht zuletzt die Covid-19-Pandemie 2020.
Das verantwortliche Führungsduo der ILS Traunstein möchte den heutigen Tag dazu nutzen, um allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die großen Anstrengungen der letzten 10 Jahre zu danken. Ein großer Dank gilt aber auch dem obersten Chef der Leitstelle, Landrat Siegfried Walch, in seiner Position als Verbandsvorsitzender des Zweckverbandes für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Traunstein. „Berechtigterweise verlangt er höchsten Einsatz von uns, unterstützt uns aber in allen Bereichen und genau wenn´s darauf ankommt, ist er für uns da“, stellen Josef Gschwendner und Anton Groschack fest.
Bild „ILS TS1“:
Mit dem symbolischen roten Druckknopf wird die ILS vor 10 Jahren vom damaligen Verbandsvorsitzenden Hermann Steinmaßl zusammen mit Staatssekretär Eck, Landrat Grabner (BGL), Landrat Schneider (AÖ) und der stellv. Landrätin Köhr (MÜ) in Betrieb genommen.
Bild „ILS TS2“:
v.l. Geschäftsführer Josef Gschwendner, Leiter Anton Groschack im Leitstellenraum mit dem damaligen „Buzzer“ zur Inbetriebnahme der Leitstelle